Die Indusi-Messwagen der DB
Die Bahndienstfahrzeuge 724 und 728
Märklin liefert in diesen Tagen das H0-Modell des Indusi-Messwagens 724 002 der DB aus. Wir stellen nicht nur das Modell, sondern auch die Geschichte der Messwagen der Baureihen 724 und 728 vor, die auf dem gesamten Streckennetz der DB zum Einsatz kamen.
Die DRG begann in den zwanziger Jahren mit der Entwicklung von Zugsicherungseinrichtungen, die das Überfahren von Halt zeigenden Signalen automatisch verhindern sollten.
Induktive Zugsicherung
Nach ersten Versuchen mit optischen Geräten (optische Sicherung Opsi), die sich bald als recht verschmutzungsanfällig erwiesen, konzentrierte man sich als Alternative auf die induktive Zugsicherung Indusi. Die Vereinigten Eisenbahn-Signalwerke (VES) und die C. Lorenz AG entwickelten zusammen mit der DRG die sogenannte Resonanzbauart mit den drei Frequenzen 500Hz, 1.000Hz und 2.000Hz, die sich als weit weniger störanfällig erwies und zudem den Vorteil hatte, dass die Streckeneinrichtungen (Gleismagnete) ohne Stromversorgung auskamen. Die ab 1927 auf den zwei Strecken Hamburg – Berlin und Hamburg – Bremen getesteten Einrichtungen arbeiteten sehr zuverlässig. Die aus den Prototypen abgeleitete Serienbauart Indusi I 34 wurde bis zu deren kriegsbedingten Stilllegung im Jahr 1944 auf fast 7.000 Streckenkilometern und 870 Triebfahrzeugen installiert.
Die DB trieb den Ausbau ihrer Strecken mit induktiven Zugsicherungseinrichtungen weiter voran. Es entstand zunächst die weiterentwickelte Bauart Indusi I 54, schon wenige Jahre später gefolgt vom verbesserten Nachfolger I 60. 1980 waren auf 22.000 Streckenkilometern sämtliche Hauptbahnen sowie alle noch im Personenverkehr befahrenen Nebenstrecken der DB mit Indusi ausgerüstet. Gleichzeitig hatten rund 9.200 Fahrzeuge und Steuerwagen (99,5% des Bestandes) die erforderlichen Zug sicherungsgeräte von Siemens oder SEL erhalten.
Ab 1990 wurde in den Fahrzeugen die bisherige Bauart I 60 durch die digitale Variante Indusi I 60R ersetzt.
Ab Mitte der neunziger Jahre erfolgte die Ablösung der Indusi durch deren Weiterentwicklung zur punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB), die – neben der erhöhten Sicherheit – nach der Wiedervereinigung die Sicherungstechnik der beiden deutschen Bahnen vereinheitlichte.
Indusi-Prüfwagen 724 001
Die Funktionsfähigkeit der Sicherungseinrichtungen muss regelmäßig überprüft werden. Bei den Triebfahrzeugen erfolgt dies mit Hilfe von immer „scharfen“ Indusimagneten, die in den Ein- oder Ausfahrten der Bw installiert sind. Die Streckeneinrichtungen wurden anfänglich mit einem Messkoffer überprüft, der mit einem auf die Schienen gesetzten Pkw zu den Signalen gefahren wurde.
Die ständig wachsende Anzahl an Streckenkilometern, die mit Indusi ausgerüstet war, veranlasste die DB, einen speziellen Messtriebwagen zu schaffen, mit dem die Überprüfung vereinfacht und beschleunigt werden konnte.
Das AW Kassel wählte hierfür den am 21. Juni 1963 beim Bw Husum ausgemusterten Prototyp-Schienenbus VT95 906 aus. Anfang 1964 wurde er
in Kassel zum Indusiprüfwagen „Wuppertal 6205“ umgebaut. Am Wagenboden neben den Magnetschienenbremsen fanden zwei, später vier Prüfmagnete ihren Platz. Das Messpult, an dem der Messbeamte die Prüfungen durchführte, wurde links neben dem Lokführer installiert. Der zugehörige Schaltschrank für die Mess- und Prüfeinrichtungen fand neben dem Abort seinen Platz, die Fenster in diesem Bereich wurden verschlossen. Anstelle der ausgebauten Sitzreihen wurde zudem eine Werkbank eingebaut. Außerdem konnten auf dem Dach zusätzliche Arbeitslampen aufgesteckt werden.
Der umgebaute Prüfwagen behielt zunächst seine purpurrote Lackierung. Er wurde am 25. Februar 1964 wieder in Dienst gestellt. 1968 wurde
er in 724 001 umgezeichnet. Im Rahmen einer U2 erhielt er Anfang 1977 eine Neulackierung in Signalgelb, die er bis zu seiner Ausmusterung am 18.Januar 1986 behielt.
Messwagen 724 002 und 003
Zu Beginn der siebziger Jahre begann die DB nach dem schweren Zugunglück von Radevormwald – das eine entsprechende Zugsicherungseinrichtung sicher vermieden hätte – mit Hochdruck mit der Ausrüstung auch von Nebenstrecken mit Indusi.
Schnell war klar, dass für das nun rasant anwachsende zu prüfende Streckennetz ein einziger Messwagen bei weitem nicht mehr ausreichen würde.
Erneut griff das AW Kassel für den Umbau zum Messtriebwagen auf vor kurzem ausgemusterte Schienenbusse zurück. 724 002 entstand aus dem am 1. Februar 1969 beim Bw Buchholz ausgemusterten 795 471, während der Gießener 794 144, ausgemustert am 27. Juli 1969, zum 724 003 wurde. Beide wurden am 22. Juni 1972 in Dienst gestellt. Der Umbau der beiden einmotorigen Serienschienenbusse erfolgte weitgehend analog zum 724 001.
Auch 724 002 und 724 003 waren zunächst weiter purpurrot lackiert. Im Rahmen ihrer Hauptuntersuchungen Ende der siebziger Jahre erhielten sie dann den signalgelben Anstrich und in großen schwarzen Buchstaben die Aufschrift „Indusi-Messwagen“. Bei der nächsten Untersuchung B 2.0 1986 (003) bzw. 1987 (002) wurden die Anschriften in Rot erneuert.
Nach Gründung der Deutschen Bahn AG am 1. Januar 1994 kamen die Messtriebwagen zunächst zum Geschäftsbereich Traktion, ab dem 1. Januar 1998 gehörten sie dann zu DB Netz. Im neuen Jahrtausend konnte auf die alten Fahrzeuge verzichtet werden, beide wurden am 31. Mai 2000 ausgemustert.
Messwagen 728 001
Nach der Abstellung des 724 001 im Jahr 1985 wurde dringend Ersatz für ihn benötigt. Einmotorige 795 waren zu dieser Zeit schon längst von den Gleisen der DB verschwunden, also griff das AW Kassel auf einen zweimotorigen Schienenbus zurück. Die Wahl fiel auf 798 813, der am 31. Oktober 1984 beim Bw Husum ausgemustert worden war. Nach dem Umbau wurde er am 23. Februar 1985 als 728 001 wieder in Betrieb genommen. DB Netz verzichtete schließlich auf die im April 1999 anstehende Hauptuntersuchung und musterte das Fahrzeug am 31. Oktober 1999 aus.
Verbleib
Die Aufgaben der Indusi-Messwagen haben weitgehend die beiden RAILab-Messzüge von DB Netz übernommen. Aber auch der „gute alte“ Messkoffer, wenn auch in moderner Form, kommt mit dem Pkw wieder zum Einsatz.
Drei der vier Messwagen existieren erfreulicherweise noch heute. 724 001 wird bei der Vulkaneifelbahn in Gerolstein wieder in den VT95 906 zurückgebaut. 724 003 wurde optisch in den Auslieferungszustand als VT 95 zurückversetzt und erinnert heute in Wuppertal-Cronenberg an den „Samba“ Wuppertal-Steinbeck – Cronenberg. 728 001 wurde an die AKN verkauft, die ihn als VT 3.07 weiter als Messwagen einsetzte. Seit September 2014 steht er bei der Wisentatalbahn Schönberg – Schleiz im regelmäßigen Museumseinsatz.
Die Spur des an die EfW verkauften 724 002 verliert sich 2005 nach erneuter Ausschreibung zum Verkauf in Worms.
Der 724 in H0 von Märklin
Im Rahmen der Märklin-Händler-Initative (MHI) haben die Göppinger in einmaliger Auflage den Indusi-Messwagen 724 002 in H0 (Art.-Nr.: 39957, UvP.: 299,95 €) als Epoche-IV-Modell aufgelegt.
Wie beim Vorbild griffen auch die Märklin-Konstrukteure auf das bereits vorhandene Modell des einmotorigen Schienenbusses der Baureihe 795 zurück. Der Wagenkasten ist eine aufwendige Formvariante. So wurden nicht nur vorbildentsprechend einige der Seitenfenster verschlossen, auch die großen Arbeitslampen samt deren Sockel auf dem Dach wurden nachgebildet. Auf die zwei zusätzlichen Indusi-Prüfmagneten am Fahrzeugboden wurde jedoch verzichtet.
Das Märklin-Modell des 724 002 entspricht der Ausführung im Zeitraum von 1979 bis 1987 – mit schwarzen Anschriften.
Angetrieben wird der Triebwagen von einem Märklin-Hochleistungsmotor, außerdem besitzt er einen Spielewelt-Decoder mfx+ mit vielfältigen Betriebs- und Soundfunktionen.
Das Trix-Pendant für Gleichstrom (Art.-Nr.: 22657, UvP.: 299,95 €) gelangt im Oktober zur Auslieferung.